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Department of Economics

Wie die Persönlichkeit des besten Freundes die eigene prägen kann

In der ersten Studie dieser Art zeigen Ulf Zölitz wie die Persönlichkeiten von Universitätsstudierenden durch ihre Kommiliton:innen und Kommilitonen geprägt werden – mit langfristigen Auswirkungen auf ihre eigene persönliche Entwicklung.

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In der ersten Studie dieser Art zeigen Ulf Zölitz, Professor für Wirtschaftswissenschaften der Kinder- und Jugendentwicklung, gestiftet vom Jacobs Center for Productive Youth Development, und seine Coautorin, Xiaoyue Shan vom National University of Singapore, wie die Persönlichkeiten von Universitätsstudierenden durch ihre Kommilitoninnen und Kommilitonen geprägt werden – mit langfristigen Auswirkungen auf ihre eigene persönliche Entwicklung. Die Studie belegt, dass der regelmässige Umgang mit Peers oder Freunden, die Eigenschaften wie Gewissenhaftigkeit, Offenheit oder Konkurrenzfähigkeit aufweisen, zu dauerhaften Veränderungen der eigenen Persönlichkeit führt. Diese Individuen werden ihrerseits gewissenhafter, offener oder wettbewerbsorientierter. Dies deutet darauf hin, dass der Einfluss von Freunden und Peers ebenso bedeutsam sein kann wie akademische Fähigkeiten, wenn es um Studienerfolg und sogar um Lebenswege geht.

Erforschung der sozialen Interaktionen unter Studierenden

Ein Studium ist nicht nur eine Phase des akademischen Lernens, sondern auch eine Zeit intensiver sozialer Interaktionen. In Anbetracht dessen, führten die Autorin und Autor ein zufallsbasiert Feldexperiment mit Bachelorstudierenden durch. Vor Beginn der Studie wurden die Persönlichkeiten von 1.229 Studierenden anhand der «Big Five»-Persönlichkeitsmerkmale – Offenheit, Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Verträglichkeit und Neurotizismus – sowie ihrer Konkurrenzfähigkeit erfasst und kategorisiert. Anschliessend wurden die Teilnehmenden zufällig in Vierergruppen eingeteilt, in denen sie über ein Semester hinweg häufige, studienbezogene Interaktionen pflegten. Um die Langzeiteffekte dieser Austausch zu messen, wurden bis zu vier Jahre nach dem Experiment Folgebefragungen zu den Persönlichkeitsmerkmalen durchgeführt.

Deutliche Hinweise auf Übertragungen gewisse Persönlichkeitsmerkmale

Die Ergebnisse zeigten, dass es zu sogenannten Persönlichkeits-«Spillover»-Effekten kam: Studierende entwickelten stärkere Ausprägungen in Gewissenhaftigkeit, Offenheit oder Wettbewerbsorientierung, wenn sie mit Peers zusammenarbeiteten, die diese Eigenschaften bereits besassen. Hingegen stellen die Forschenden keine signifikanten Veränderungen bezüglich Extraversion, Verträglichkeit und Neurotizismus. Eine mögliche Erklärung ist, dass gewissenhafte Gruppenmitglieder die Häufigkeit studienbezogener Interaktionen erhöhten, was den Stress und die Angst ihrer Kommilitonen verringerten. Besonders ausgeprägt war die Übernahme von Eigenschaften, die im akademischen Umfeld eine wichtige Rolle spielen – wie Gewissenhaftigkeit und Wettbewerbsorientierung. Dies unterstützt das Konzept der «motivierten Persönlichkeitsveränderung», bei der Individuen gezielt Eigenschaften internalisieren, die ihren Erfolg begünstigen. Die Ergebnisse legen nahe, dass der Einfluss produktiver Persönlichkeitsmerkmale von Peers ebenso entscheidend sein kann wie das akademische Leistungsniveau des Umfelds.

Langfristige Auswirkungen und politische Relevanz

Die Langzeitbefragungen bestätigten, dass die Spillover-Effekte bei Gewissenhaftigkeit und Wettbewerbsorientierung bis zu vier Jahre anhielten, während die Auswirkungen auf die Offenheit im Laufe der Zeit abnahmen. Auf individueller Ebene zeigt sich, wie wichtig es ist, sich der Persönlichkeitsmerkmale seiner Freunde und Peers bewusst zu sein, um die eigene Entwicklung positiv zu gestalten. Auf kollektiver Ebene haben Persönlichkeits-Übertragungen weitreichendere Implikationen. Diese Erkenntnisse könnten für politische Entscheidungsträger und Bildungsinstitutionen wertvoll sein, etwa bei der Bildung von Gruppen oder der Zuweisung zu Klassen, ebenso wie für Familien, die eine Schule oder ein Wohnumfeld auswählen. Darüber hinaus werfen die Ergebnisse wichtige Fragen auf, ob auch wirtschaftliche und soziale Präferenzen ähnlich durch das Umfeld der Peers beeinflusst werden. Künftige Forschung könnte untersuchen, wie Peer-Gruppen diese Aspekte individuellen Verhaltens prägen.

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