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Department of Economics

Standpunkte Globalisierung

Viele ökonomische Fragen sind mit der Globalisierung verbunden. In diesem Beitrag gehen Forscher:innen des Departments verschiedene Aspekte dieses Themas nach.

Unser Alltag ist von der Globalisierung in vielfältiger Weise durchzogen: exotische Früchte zum Frühstück, die internationalen Aktienkurse auf dem Handy checken, auf AirBnB eine Wohnung für die nächsten Ferien buchen, eine koreanische Serie streamen, über die Ursachen der politischen Polarisierung nachdenken, zwischen einer Flasche Wein aus Kalifornien und dem Burgenland wählen. Kaum eine Handlung ist nicht Teil dieses weltumspannenden Netzes. Das gilt besonders auch für ökonomische Fragestellungen, die sich mit den unterschiedlichsten Aspekten der Globalisierung befassen. Wir haben ein paar herausgepickt und Professor:innen am Department befragt.

Können globale digitale Plattformen reguliert werden?

Kaum etwas verkörpert die Globalisierung wie Online-Marktplätze, auf denen Waren und Dienstleistungen mit einem Mausklick bestellt werden können. Aus Sicht des Konsumentenschutzes unterscheiden sich diese Plattformen von traditionellen Märkten in zentralen Punkten, die durch das bestehende Wettbewerbsrecht nicht geregelt sind und von den Betreibern ausgenutzt werden können: Sie sammeln riesige Datenmengen, mit beträchtlichem Ausbeutungspotenzial, die Auswahlarchitektur der Website kann so gestaltet werden, dass Nutzer gezielt geführt und manipuliert werden. Der fehlende direkte Kontakt erschwert Rückgabe- und Beschwerdeprozesse für Händler und Käufer, und eine unklare Abgrenzung zwischen gesponserten und redaktionellen Inhalten untergräbt wettbewerbsrechtliche Bestimmungen. Grosse, globale Plattformen sind von diesen Problemen besonders betroffen.
Es gibt bereits regulatorische Vorschläge, die mit kleinen Gesetzesanpassungen Lücken schliessen können, sodass digitale Märkte im Interesse und zum Wohl der Zivilgesellschaft wirtschaften können.

 

Gregory Crawford

Forschungsbereiche: Empirical Industrial Organization, Antitrust/Competition Policy, Media Economics

 

Was ist der Kern der Globalisierungskrise?

Wir wissen schon lange, dass Handel Gewinner und Verlierer hervorbringt. Die Auswirkungen auf die Ungleichheit sind jedoch wesentlich grösser, als man das ursprünglich gedacht hat. Beim bedeutenden Import von Gütern aus China sind die Vorteile in Form von niedrigen Konsumentenpreisen relativ gleichmässig in der Bevölkerung verteilt, während die Nachteile durch das Wegfallen von Industriejobs sehr stark auf einzelne Bevölkerungsgruppen und geografische Regionen konzentriert sind. Deshalb könnte man sagen: Die Ungleichheit ist in einem Ausmass grösser geworden, das man so nicht erwartet hat. Und das führt zu den politischen Konflikten zwischen Gewinnern und Verlierern.

 

David Dorn

Forschungsbereiche: Labor Markets, Globalization, Technological Change and Innovation

 

Weltweite Armut hat sich enorm reduziert

Dina Pomeranz forscht in Ländern mit tiefen und mittleren Einkommen. Rund 85% der Menschheit lebt in diesen so-genannten Entwicklungsländern.  Die wirtschaftlichen Entwicklungen in diesen Ländern findet sie besonders spannend. «Die globale Armut hat in den letzten 25 Jahren so stark abgenommen wie noch nie zuvor in der Geschichte der Menschheit». Während im Jahr 2000 fast ein Drittel der Weltbevölkerung in extremer Armut lebte, sind es heute noch rund 8%. Gleichzeitig haben Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung und Telekommunikation rapide zugenommen. «Die Welt rückt zusammen». sagt Pomeranz, «Es ist ausserordentlich interessant zu untersuchen, wie diese positiven Entwicklungen noch verstärkt werden können.»

Dina Pomeranz

Forschungsbereiche: Development Economics, Public Finance, Impact Evaluations

 

Könnte ein globales Steuersystem Steuervermeidung durch Unternehmen reduzieren?

Ein globaler Ansatz, der den Steuerwettbewerb zwischen Ländern aufhebt, ist nicht realistisch. Ein interessantes Konzept ist die Destinationsbasierte Cashflow-Steuer (DBCF-Steuer), die den lokal erzielten Cashflow und nicht den Unternehmensgewinn am Unternehmenssitz besteuert. Unternehmen bezahlen in den Ländern Steuern, in denen sie Umsätze erzielen, unabhängig vom Hauptsitz. Aufwände für Waren und Vorleistungen, die im Inland gekauft werden, können abgezogen werden und Exporte werden nicht versteuert. Auch werden Eigenkapitalinvestitionen gegenüber Fremdkapital attraktiver.

Die DBCF-Steuer würde einen Paradigmenwechsel in der Unternehmensbesteuerung bedeuten und es wären einige Hürden zu nehmen. Sie müsste sorgfältig aufgesetzt werden, sodass die impliziten Importzölle und Exportsubventionen in Einklang mit WTO-Handelsregeln stehen. Reformen in Schritten sind aber durchaus möglich: Im Zuge der OECD-Mindeststeuer wird für grosse multinationale Unternehmen ein ähnliches System eingeführt.

 

Florian Scheuer

Fields of research: Pubic Finance, Taxation, Inequality

 

Ist die Liberalisierung des Kapitalverkehrs schlecht für Anleger?

Die Liberalisierung des Kapitalverkehrs führt dazu, dass Bewegungen auf nationalen Aktienmärkten stärker mit den Bewegungen auf ausländischen Märkten korrelieren. Je offener der Kapitalmarkt, desto stärker die Korrelation und desto geringer die Diversifizierungsvorteile. Das heisst für Anleger, dass sie in offenen Märkten weniger Rendite erwirtschaften können als in weniger offenen. Dieser Effekt wird weiter verstärkt, denn die Globalisierung führt auch dazu, dass die wirtschaftlichen Fundamentaldaten zwischen Ländern stärker korrelieren.

 

 

 

Joachim Voth

Fields of research: Cultural Economics, Long-Run Grwoth, Asset Market Volatility, Living Standards

 

Weiterführende Informationen

This article was first published in the .inspired Magazin No. 19 (in German).