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Pandemie, Energiekrise, Krieg. Was heisst das für die Geldpolitik der Nationalbank und die Schweizer Wirtschaft? SNB-Präsident Thomas Jordan, Sergio Ermotti, VR Präsident der Swiss RE und Franziska Tschudi Sauber, CEO Weidmann Group folgten der Einladung von Econ Alumni UZH und diskutierten in der Aula der Universität Zürich über die aktuellen Herausforderungen.
Seit 2008 befindet sich die Weltwirtschaft im Krisenmodus: Finanzkrise, Eurokrise, Brexit, Corona und der Krieg in der Ukraine. Die Zentralbanken sind gefordert die negativen Auswirkungen auf die lokalen Volkswirtschaften abzufedern. Der Schweiz ist dies bisher gut gelungen, da die SNB mit Zinssenkungen, Mindestkursen und frühzeitigen, signifikanten Interventionen am Devisenmarkt reagiert hat, erklärte Thomas Jordan in seiner Keynote. Die Herausforderungen bleiben jedoch bestehen.
Schwacher Konjunkturausblick, steigende Inflation, Unsicherheit und strukturelle Veränderungen
Nachdem die Weltwirtschaft während der Coronakrise schrumpfte, erholte sie sich 2021 relativ schnell. Dieses Wachstum war nur von kurzer Dauer und flachte 2022 wieder ab. Die Gründe dafür: Hohe Inflation, Energiepreise und Unsicherheit.
Zeitgleich steigende Inflationsraten und ein abgeschwächtes Wirtschaftswachstum sind eine unangenehme Ausgangslage für geldpolitische Massnahmen, erklärte Thomas Jordan. Erschwerend hinzu kommen Unsicherheiten durch geopolitische Risiken, die Desintegration der Weltwirtschaft sowie strukturelle Veränderungen wie Energiekrise und Dekarbonisierung. Diese globalen Entwicklungen treffen in der Schweiz auf eine Wirtschaft mit eigenen Herausforderungen, wie die demografische Alterung und der Arbeitskräftemangel.
Unter diesen Bedingungen muss die SNB die Auswirkungen ihrer Geldpolitik auf Wirtschaft und Konjunktur laufend analysieren und frühzeitig eingreifen, betont Thomas Jordan: «Wir haben wenig Erfahrung mit den makroökonomischen Effekten von Pandemien». Als Beispiel führt er die Konsumausgaben in den USA an. Seit 2015 stiegen diese praktisch linear. Während der Pandemie brachen sie völlig ein, um dann Anfang 2021 zu explodieren. «Dieser enorme Anstieg der Konsumausgaben direkt nach der Pandemie war unerwartet».
Preisstabilität unter Berücksichtigung der konjunkturellen Entwicklung
Was ist die geldpolitische Antwort der Schweiz? Das Mandat der SNB ist vorgegeben: Preisstabilität unter Berücksichtigung der konjunkturellen Entwicklung, wobei Preisstabilität Priorität hat. Das heisst für Thomas Jordan, dass man nicht zögern oder Angst davor haben darf die Konjunktur abzuschwächen. «Abzuwarten beinhaltet das Risiko, dass sich die Inflation bei 4 – 5% verfestigt. Sie dann wieder auf das Ziel von 2% zu bringen, ist sehr schwierig».
Die frühe Einschätzung, dass die Inflation temporärer Natur sei, sei nicht richtig gewesen, hält er fest. Umso wichtiger sei es heute, Zweit- und Drittrundeneffekte zu verhindern, also Preissteigerungen aufgrund von Kostensteigerungen, die eine Lohn-Preis-Spirale auslösen. Auch wenn die Situation herausfordernd bleibt, die Wachstumsabschwächung trifft in der Schweiz auf eine gut ausgelastete Wirtschaft mit einer tiefen Arbeitslosenquote, was die negativen Auswirkungen etwas abzuschwächen vermag.
Verhaltener Optimismus
In der anschliessenden Podiumsdiskussion sprachen die Teilnehmer:innen über die Auswirkungen der andauernden Krise und der globalen, strukturellen Veränderungen auf Unternehmen in der Schweiz. Der Klimawandel zum Beispiel schlägt auch in der Rückversicherungsbranche zu Buche. Dabei seien 2/3 der Schäden durch Naturkatastrophen noch nicht versichert, erklärt Sergio Ermotti. Die Frequenz der Katastrophen steigt und das Risikobewusstsein verändert sich. Ob die goldenen Zeiten vorüber und wir uns in einer neuen Realität befinden, fragt Moderator Prof. Mathias Hoffmann. «Ich rechne nicht damit, dass es wieder eine ‘goldene Zeit’ geben wird. Wir haben aber gezeigt, dass Krisen Innovation hervorbringen, und wir fähig sind Krisen zu überwinden», sagt Sergio Ermotti. Die Wirtschaft sei die letzten zehn Jahren krisengewohnt geworden, meint auch Franziska Tschudi Sauber. «Als Unternehmer:innen müssen wir uns an Herausforderungen anpassen, wie sie kommen». Die besten Rezepte für den Umgang mit Krisen seien individuell. Dem Fachkräftemangel könne man zum Beispiel auch mit Investitionen in die Unternehmenskultur gegenübertreten, erklärt sie. Und des einen Risiko ist des anderen Chance: «Herausforderungen wie die Energiekrise und Dekarbonisierung sind für die Weidmann Holding auch eine Chance für Innovation und Wachstum».
Thomas Jordan weist zum Schluss noch auf die Bedeutung der politischen Rahmenbedingungen für die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes hin. «Die guten Rahmenbedingungen, die wir in der Schweiz haben sind nicht selbstverständlich. Wir müssen ihnen Sorge tragen».